In wenigen Tagen, am 3. Oktober 2020 jährt sich die Deutsche Einheit zum 30. Mal. Seit 30 Jahren ist Deutschland offiziell wieder vereinet, seit 31 Jahren, genauer seit dem 9. November 1989 ist die Mauer weg, die Deutschland genau 28 Jahre, 2 Monate und 26 Tage getrennt hat.
Ich werde etwas sehr weit ausschweife, aber wie das bei Berichten dieser Art ist, schreibe ich einfach drauf los. Das ist auch nicht mein erster Bericht, der sich mit dem Thema Ost und West befasst, geht gerne über die Suchfunktion zu meinen früheren Beiträgen.
Kurz zu meinem Hintergrund:
Ich habe mein Leben lang einen Bezug zur „damaligen DDR“, denn ich habe Verwandtschaft in Rostock. Mein Papa ist in Rostock geboren, ist aber am 6. Dezember 1947 mit seiner Mutter und Tante in einer abenteuerlichen Flucht hier nach Marl gekommen. Denn meine Oma hat damals meinen Opa (der eigentlich nicht mein richtiger Opa war aber ein toller Vater für meinen Papa und eben für mich ein toller Opa) in Rostock in einer Kneipe kennengelernt, er hat damals bei den Heinkel Werken gearbeitet. Es wurde dann beschlossen, das mein Papa mit meiner Oma und Tante zu ihm nach Marl kommen sollen, der älteste Bruder sollte später nachkommen, was aber dann nicht geklappt hat, der jüngste Bruder wollte beim Vater bleiben.
Vieles aus der Vergangenheit habe ich viel später von meinem Vater und meiner Großtante Hilde, heute 96 Jahre alt, erfahren (sie ist mit geflüchtet und hat bis vor 5 Jahren in Recklinghausen gelebt), sie lebt heute in Krakow am See in einem Altenheim, ihr Neffe – inzwischen auch weit über 80 Jahre, der seit einigen Jahren auch wieder in Heimatnähe lebt, hat sie dort in einem Altenheim untergebracht. Ich sage dazu lieber nichts, das würde sonst ausarten.
Ich war als Kind in den 70er Jahren 2x in Rostock, das belegt jeweils das Visum im Reisepass meiner Eltern, die noch einmal später alleine da waren zur Beerdigung von meinem „richtigen“ Opa. Ich war eigentlich immer im Glauben, das ich nur 1x da gewesen bin, aber wahrscheinlich schmeisse ich die Erinnerungen durcheinander und kann sie nicht trennen.
Meine Kindheitserinnerungen an die Grenze:
Wir sind früher immer nach Holland, einmal nach Italien und einmal nach Dänemark in den Urlaub gefahren, damals waren noch alle Grenzen aktiv. Ich hatte nie Angst über die Grenze zu fahren, es war immer spannend und interessant für mich. Und wenn ich mal geschlafen habe, mussten mich mein Eltern wach machen vor der Grenze.
Über die sogenannte „Zonengrenze“ zu fahren war für mich allerdings sehr beängstigend. Ich habe natürlich viel gehört und alleine schon der Anblick, auch die Länge der ganzen Grenzanlage war sehr lang. Wir sind immer über den Grenzübergang Schlutup gefahren.
Ich erinnere mich an die Grenzsoldaten, die uns grimmig beäugt haben, mit ihren schussbereiten Waffen in der Hand. An die langen Kontrollen. Das wir alles aus dem Auto auspacken mussten. Das mit einem Spiegel unter unserem Auto geschaut wurde. Das alles hat ewig gedauert.
Ich habe auch noch die Erinnerung an ein Auto vor uns, die hatten u.a. einen Plattenspieler dabei, der wurde konfisziert. Ob es da Folgen gab, weiß ich nicht mehr.
Bei der Rückfahrt, die Verwandte durften uns bis zu einer bestimmte Stelle begleiten, haben uns die Grenzer über eine Stunde (das weiß ich von meinen Eltern) vor der Grenze stehen/warten lassen. Es war schon spät abends und um 0.00 Uhr ist unser Visum ausgelaufen. Meine größte Angst war, dass sie meinen Papa da behalten und nicht mit uns gehen lassen, er war ja schließlich geflüchtet.
Die größte Erinnerung an die Grenze ist die Angst, die totale Kontrolle und das lange Warten. Das „Niemandsland“ kilometerweit von der Grenze und die vielen Kontrolltürme, in denen Grenzsoldaten saßen und alles beobachtet haben. Dass ich in dem Sinne eingesperrt war, habe ich als Kind nicht so wahr genommen.
Was ich noch sehr im Kopf habe ist der sogenannte Konsum in Warnemünde mit den niedrigen, doch sehr leeren Regalen und den Intershop, wo es alles das gab, was im Konsum fehlte. Da habe ich auch ein großes Stofftier bekommen, ich glaube ich habe es noch auf dem Dachboden.
Mein Erinnerungen an die Grenze nach der „Wende“:
Ich war das erste Mal wieder über Christi Himmelfahrt 1990 mit meinem Papa und seinem Stiefbruder in Rostock. Am Tag davor sind mein Mann Ralf und ich zusammen gekommen und so bin ich mit aufgewühlten Gedanken gefahren, natürlich ohne Handy, das gab es da noch nicht so wie heute.
Zu der Zeit war noch alles zu erkennen, die Grenze, die Kontrolltürme, das „Niemandsland“ Trotzdem nun alles wieder offen war, hatte ich ein komisches Gefühl beim Überfahren der Grenze.
Wir sind 1996 und ich meine 1998 zu einer damaligen Brieffreundin gefahren, von dort aus waren wir in Moritzburg – an dem tollen Schloß wo „drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ gedreht wurde – und Dresden, das zweite Mail in Meißen und Leipzig.
Uns ist aufgefallen wie wenig von der ehemaligen Grenze noch zu erkennen ist, immer mehr war weg.
10 Jahre später sind Ralf und ich dann noch einmal für 2 Tage nach Rostock gefahren und von dort aus nach Kellenhusen an die Ostsee in den Urlaub, da waren meine Eltern schon mit unserem Sohn. Ein Jahr später waren wir noch in Berlin. Das war das letzte Mal, das ich „drüben“ war.
Ich würde gerne noch mal sehen:
• die Gedenkstätte Marienborn, einst der Grenzübergangs der DDR an der innerdeutschen Grenze, an der Autobahn Hannover – Berlin
• die Teilstücke der Berliner Mauer (ich habe sie nicht gesehen als sie noch stand)
• das DDR-Museum und das Deutsches Spionagemuseum
• die Frauenkirche in Dresden, die wir damals zerlegt in Regalen gesehen haben
• Rügen und die Orte und Städte in der Umgebung
• Und ja, auch noch einmal Rostock und Warnemünde, aber ohne den Großteil Familie zu besuchen (lange Geschichte), ich würde nur eine Cousine und einen Cousin und eine Frau gerne wiedersehen
Die Blogparade auf Teilzeitreisender
Janett ruft auf ihrem Blog Teilzeitreisender zur Blogparade auf. Bis zum 2. Oktober könnt ihr noch mitmachen. Alle Infos findet ihr dort.
P.S.
Fotos kann ich im Moment nicht suchen, die sind in Fotoalben und vor dem Schrank steht aktuell einiges, da wir gerade umbauen. Ich schaue aber später noch mal nach, was ich da finde.
Das Beitragsbild ist aus Berlin.